Greenpeace und die multiresistenten Keime
Greenpeace findet Antibiotikarückstände und multiresistente Keime in der Gülle. Der Skandal ist aber bei Greenpeace und in den Medien zu finden.
Greenpeace hat in 19 Gülleproben aus Schweineställen nach Antibiotikarückständen und multiresistenten Keimen gesucht. In 13 der 19 Proben stellte Greenpeace ESBL-bildende Bakterien fest. Sechs der 13 Proben wiesen mehrfachresistente ESBL-Bakterien auf. Außerdem wurden in 15 Proben Rückstände von Antibiotika gefunden. In elf Proben lagen die Rückstände oberhalb der Bestimmungsgrenze, in vier Proben unterhalb der Bestimmungsgrenze. Im Ergebnis zeigte sich jedoch, dass „in den Proben mit Nachweisen […] meist vergleichsweise niedrige Konzentrationen [von Antibiotikarückständen] gefunden [wurden]“. Diese Info wird jedoch nur in der Studie erwähnt, aber nicht in der Pressemeldung.
Da in der Tierhaltung bakterielle Erkrankungen auftreten können, werden nach tierärztlicher Verordnung Antibiotika eingesetzt. Die Wirkstoffe werden im Körper abgebaut und ausgeschieden. Natürlich können dabei auch resistente Erreger ausgeschieden werden. Genauso ist es auch beim Menschen, denn auch in kommunalen Abwässern und Krankenhausabwässern sind Antibiotikarückstände und multiresistente Keime zu finden. Oft in viel höherer Konzentration. Das ist oft das Hauptargument, warum Landwirte Klärschlamm nicht auf ihren Ackerflächen ausbringen wollen.
Wo ist also der Skandal?
Leider hat Greenpeace die Ergebnisse der Untersuchung in der Pressemeldung nicht eingeordnet und nicht erwähnt, dass die Rückstände von Antibiotika in der Gülle vergleichsweise gering sind. Das hat vermutlich mit der gesteigerten Spendenbereitschaft zu tun, wenn Greenpeace auf komplexen Fragen zu Antibiotikaresistenzen die einfache Antwort Nutztierhaltung gibt. Wünschenswert wäre es, wenn Greenpeace auch endlich das „One-Health-Prinzip“ anerkennt und nicht ständig die Schuld für Antibiotikaresistenzen nur der Tierhaltung zuschiebt. Mit den bisherigen Methoden verspielt Greenpeace nämlich seine Glaubwürdigkeit. Skandalös wird es aber, wenn Greenpeace in der Pressemeldung versucht, einen Zusammenhang zwischen den 25.000 Todesfällen in Europa und den Antibiotikaresistenzen in der Nutztierhaltung herzustellen, dabei aber verschweigt, dass dies vor allem auf die Humanmedizin zurückzuführen ist. Problematisch ist dabei vor allem die Tatsache, dass in der Originalstudie ausdrücklich darauf hingewiesen wird. So enthält die Studie die Aussage, dass die Auswirkung der multiresistenten Keime auf die Humanmedizin derzeit schwer zu beurteilen sei und die Herkunft der Keime nach einer Infektion kaum nachweisbar sei.
Skandalös finden wir aber auch, dass viele Medien die Aussagen der Pressemeldung von Greenpeace vor allem im Hörfunk fast vollständig übernommen haben, ohne die Ergebnisse nach guter journalistischer Pflicht erst zu recherchieren und dann einzuordnen.
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Stellungnahme zum NDR Spiel „Schlauer Bauer“
Gestern stellte der NDR sein neues Onlinespiel „Schlauer Bauer“ vor. Im Multiplechoice-Spiel kann man entweder einen Schweinemast- oder Milchviehbetrieb führen. Dabei werden Fragen u.a. zur Haltung, Fütterung und tierärztlichen Versorgung gestellt. Tenor des Spiels ist, je schlechter die Tiere gehalten werden, je schlechter das Futter und je schlechter die tierärztliche Versorgung, desto höher der Gewinn. Sachliche Argumente, dass verschimmeltes Futter durch die hohe Mykotoxinbelastung und zu hohe Belegdichten die Leistung reduzieren und eine ständige Antibiotikagabe Unsummen an Geld kostet, zählen wohl nicht.
Das angebliche Ziel, zu vermitteln, dass Haltungsbedingungen oberhalb des gesetzlichen Standards, mehr Geld kosten, hätte man auch ohne dieses Spiel erreichen können. So bleibt wieder einmal nur die Unterstellung, wer sich nicht ums Tierwohl schert, erwirtschaftet den größten Gewinn, da Kontrollen ja angeblich zu lasch seien.
Oder ist es bei Journalisten so, dass die vernünftig arbeitenden Journalisten arbeitslos werden und die, die sich nicht an den Pressekodex halten, schlecht recherchieren und vielleicht sogar gerügt werden, das meiste Geld verdienen?
Mit dieser Methode macht der „Qualitätsjournalismus“ vom NDR mal wieder keine Werbung für den öffentlich finanzierten Rundfunk, da der ausgewogene Journalismus vernachlässigt wird und nur die völlig falsche Botschaft vermittelt wird, dass gesetzeswidrige Handlungen das meiste Geld bringen.
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